Beckeraachen

Kunstwechsel


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Kunst ABC

FREUNDE DES LUDWIG FORUMS FÜR INTERNATIONALE KUNST E. V.
JÜLICHER STR. 97-109 D-52070 AACHEN +49 (0)241/1807-109 info@ludwigforum.de
Betr.: Zum 50-jährigen Jubiläum der Neuen Galerie und des Ludwig Forums
Liebe Freunde des Ludwig Forums,
nachdem die Stadt Aachen auf Initiative von Peter und Irene Ludwig 1970 die Neue
Galerie gegründet hat und 1971 der Verein der FREUNDE entstand, war auch die
Aachener Volkszeitung mit ihrem Kulturredakteur Wolfgang Richter bereit etwas zu
tun: „Es war nötig, das Aachener Publikum mit der Kunst der Moderne bekannt zu
machen“. In vier Jahren publizierte die Zeitung jede Woche einen Artikel des
Leiters der Neuen Galerie, Wolfgang Becker, mit der Abbildung eines Kunstwerks –
knapp 200 Texte, die in der Zusammenschau nichts weniger als ein Kompendium zur
Kunst der Gegenwart bis in die siebziger Jahre sind.
Prof. Becker hat einige der Texte in letzter Zeit im Internet, auf Facebook, in
Wordpress und Linkedin, wiederveröffentlicht, vielleicht haben Sie dies genauso
aufmerksam und gespannt verfolgt wie ich. Er – und der Vorstand der Freunde –
würden sich freuen, wenn dieser ungewöhnliche, einmalige Beitrag jetzt als kleine
Festschrift erscheinen könnte: zu Ehren von Wolfgang Becker, zum Jubiläum des
Ludwig Forums sowie zum 50-jährigen Jubiläum der Freunde. Der Wienand Verlag in
Köln, mit dem das Ludwig Forum häufig zusammengearbeitet hat, nahm die
Anregung gerne auf und hat ein Angebot gemacht, das Buch in sein
Verlagsprogramm aufzunehmen. Der Ladenpreis für das 128 Seiten umfassende, mit
Farbabbildungen ausgestattete Buch wird ** Euro betragen.
Die Ludwig Stiftung hat sich bereit erklärt 6.250,00 € zu übernehmen, die Hälfte
der veranschlagten Kosten. Es wäre schön, wenn der Verein der Freunde die andere
Hälfte beisteuern würde, doch dafür brauchen wir aber Ihre und Eure
Unterstützung. Denn die finanzielle Situation des Vereins lässt zur Zeit keine
Ausgaben für Projekte dieser Größenordnung zu, und dennoch hat dieses
kunstwissenschaftliche Vorhaben gerade jetzt eine besondere Bedeutung. Darum
bitte ich Sie, sich an diesem Projekt zu beteiligen, und wäre es mit nur einem
kleinen Betrag.
Bei Spenden ab 100,00 € werden die Sponsoren namentlich im Buch erwähnt. Eine
Spendenbescheinigung wird allen Geldgebern ausgestellt. Für eine rege
Unterstützung wären wir sehr dankbar.

Mit besten Grüßen und in der Hoffnung, dass sich möglichst viele Freunde an
unserem Projekt finanziell beteiligen mögen,
Iva Haendly-Dassen, Vorsitzende
Kontoverbindung der Freunde des Ludwig Forums bei der Sparkasse Aachen:
IBAN: DE 05 3905 0000 0001 0411 10 (Verwendungszweck: KUNST ABC)


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Der Afrikaner 2

  1. Kalndergeschichte

Der Afrikaner 2

 

Auch die junge Elfenbeinküste hatte nach der Befreiung von der französischen Herrschaft einen philosophisch gebildeten Staatspräsidenten, Felix Houphouet-Boigny, der zu den Bewunderern von Frédéric Bruly-Bouabré gehörte – einem der wenigen Künstler Afrikas, die so bekannt wurden, dass sogar eine Swatch-Uhr nach seinem Design auf dem Markt ist. Er lebte bescheiden als Kontorist in Abidjan und führte seine immense enzyklopädische Arbeit auf eine Erleuchtung zurück, in der ihm sieben Sonnen um eine Muttersonne erschienen sind. Er war 25 Jahre alt und nannte sich nun Cheik Nadro „Der nicht vergißt“. Sein Vater war Priester einer Naturreligion, und der Sohn wählte für seine spirituellen Botschaften das moderne Medium des Büros: Karteien: er zeichnete mit Kugelschreibern und Farbstiften auf Blättern 9,5 x 15 cm  – unermüdlich und stellte sie in großen Zyklen zusammen: „Kenntnis der Welt“, „Museum afrikanischer Gesichter“, „Kosmogonie antiker afrikanischer Kunst“. Alle Blätter zeigen Piktogramme, die in ihren Rahmen französisch kommentiert sind.   Er setzte Porträts von Belmondo, Michelangelo und Hannibal, Dante und Stalin in eine Reihe von Berühmtheiten, illustrierte die Vielfalt von geschnittenen Narben in afrikanischen Gesichtern, schaffte Bildkürzel ebenso für die „Vision eines pharaonischen Schlafs aus dem antiken Ägypten“ wie für „die hohe Diplomatie der Republik Südafrika“ oder „Une curieuse bille figurant l´esprit de la terre suspendue dans l´espace!“

Er sah sich berufen, zu einem Zeitpunkt, in dem das Medium TV und seine Bildsprache in Europa – so meinte er – zum Verlust seiner Schriftsprache führte, dem afrikanischen Kontinent eine erste Schriftsprache zu schenken, und entwickelte ein Alphabet von 448 Kürzeln, die Silben seiner Muttersprache BETE entsprechen.

Die europäische Kunstwelt liebte den Außenseiter, Exzentriker, der in seiner Klause in Abidjan die Welt in Zeit und Raum mit Menschen, Göttern und Tieren aus Afrika neu bevölkerte und dessen kleine, konzeptuelle Entwürfe sich in großen Tableaux präsentieren ließen wie die Sammlungen von Aby Warburg. Seit seiner Entdeckung sind Hunderte seiner Blätter durch alle großen Ausstellungen der westlichen Welt gewandert, und afrikanische Kuratoren, die in Europa arbeiteten wie Okwui Enwezor haben zu ihrem Ruhm beigetragen.

2014 ist er hoch geehrt gestorben – ein widersprüchliches Te3mperanent: barock in seinen weltumspannenden Fantasien, kindlich karg und mönchisch bescheiden in den Ansprüchen  an die Darstellung seiner Visionen, besessen fleißig und missionarisch eitel. Sein Publikum war frankophon und applaudierte aus der ganzen Welt. Ob sein Alphabet in den Schulen der BETE gelehrt wird?

Abb. “Mon esprit de penseur et de chercheur arrive ici à sa perfection: découvre les “!végétaux” en multi-sexuel”(Mein Geist als Denker und Forscher kommt hier zu seiner Vollendung: er entdeckt die Pflanzen als vielgeschlechtlich) – “Un personnage géant concu en „cités“ peuplées touche le „ciel“ de sa tête“ (Eine riesige Person entworfen als bewohnte Stadt berührt den Himmel seines Kopfes)

 

 

 

 

 

 


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Der Afrikaner 1

  1. Kalendergeschichte

Der Afrikaner 1

Twins Seven Seven war ein Afrikaner, der sich nicht scheute, in langen bunten Tüchern gekleidet hierzulande aufzutreten, sich, die Malerschule von Oshogbo, die er gegründet hat, und sein Heimatland Nigeria zu rühmen. Er war ein „ibedjimeje meje“, der letzte Überlebende von sieben Zwillingspaaren, die seine Mutter geboren hatte. Zwillinge wurden in Nigeria so häufig geboren und an die Gestorbenen wurde so häufig erinnert, dass kleine hölzerne Skulpturenpaare zu Sammelobjekten auf dem Kunstmarkt wurden. Die Sendboten von Misereor in Afrika zeigten gern ihren Bestand in der Aachener Zentrale. Dorthin führte mich in den 80er Jahren Hanni Jantzen, die in ihrer Galerie Pumpe 2 in Eschweiler zuweilen afrikanische Künstler ausstellte, so auch Twins Seven Seven.

In jenen Jahren blickten die Europäer neugierig über das Mittelmeer und sahen zu, wie dort Kunst- und Handelszentren, Schulen, Theater und Kulturclubs entstanden. Uli Beier hatte in Bayreuth ein Informationszentrum afrikanischer Kultur, das IWALEWA-Haus am Rand der Universität gegründet, seine Frau Georgina gab Malkurse in Oshogbo, die der Tänzer Taiwo Olamiyi besuchte, der sich Twins Seven Seven nannte. Das Centre Pompidou eröffnete 1989 die aufsehenerregende Ausstellung „Les Magiciens de la Terre“.

Der Hamburger Sammler Günther Peus hatte schon lange Werke afrikanischer Kunst erworben – Skulpturen der Shona und Makonde, Gemälde der „Schildermaler“, „Quadratmaler „Akademiker“ und – Twins Seven Seven.

Wir lasen damals die afrikanischen Novellen des Nigerianers Amos Tutuola und sahen die großen „Tätowierten Ungeheuer“, Obutala-Priester, kopulierenden Tiere im „Bush of Ghosts“ von Twins Seven Seven mit seinen Augen – und lachten über die böse Darstellung der Politiker, die ihr Land ausplündern. Er liebte es, die Formate eng zu füllen, auf Räume zu verzichten und Linien zu Dekors schweifen zu lassen. Die Stücke wirken auf große Distanz wie Wandbilder um öffentlichen Raum. Noch gibt es in Afrika wenige Museen, für die sie gemacht wären. Diese Gattung der an ein großes Publikum gerichteten, leicht verständlichen Bild- und Textbotschaften ist bis in die Gegenwart fortgeführt worden und hat den Kongolesen Cheri Samba berühmt gemacht.

2011 ist Twins Seven Seven gestorben, und seine Bibliografie zeigt, dass ihm zwar die UNESCO den Ehrentitel eines artist of peace verliehen hat, aber nach jenen Höhepunkten um 1990 wenige Publikationen an ihn erinnern.

Abb. „Tatooed beast“ 1986 Tinte + Farbkreide auf 2 Lagen ausgesägten Sperrholzes 68×69 cm – „The politicians that fly away with our money” 1983 Feder, Ölkreide + Dekofarbe auf Lwd. 130 x 93 cm

 


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knapp 200 Texte, die in der Zusammenschau nichts weniger als ein Kompendium zur
Kunst der Gegenwart bis in die siebziger Jahre sind.
Prof. Becker hat einige der Texte in letzter Zeit im Internet, auf Facebook, in
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aufmerksam und gespannt verfolgt wie ich. Er – und der Vorstand der Freunde –
würden sich freuen, wenn dieser ungewöhnliche, einmalige Beitrag jetzt als kleine
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Köln, mit dem das Ludwig Forum häufig zusammengearbeitet hat, nahm die
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Verlagsprogramm aufzunehmen. Der Ladenpreis für das 128 Seiten umfassende, mit
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Die Ludwig Stiftung hat sich bereit erklärt 6.250,00 € zu übernehmen, die Hälfte
der veranschlagten Kosten. Es wäre schön, wenn der Verein der Freunde die andere
Hälfte beisteuern würde, doch dafür brauchen wir aber Ihre und Eure
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Ausgaben für Projekte dieser Größenordnung zu, und dennoch hat dieses
kunstwissenschaftliche Vorhaben gerade jetzt eine besondere Bedeutung. Darum
bitte ich Sie, sich an diesem Projekt zu beteiligen, und wäre es mit nur einem
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Liebe zu Afrika

  1. Kalendergeschichte

Liebe zu Afrika

Viele haben Afrika besucht, Künstler wie Heinz Mack, Michael Buthe, Rudolf Schoofs und Nancy Graves haben dort gearbeitet und Freunde gefunden. Es wäre der Tochter des Aachener Künstlers Günther Knipp nicht gelungen, mich nach Kamerun zu locken (sie arbeitet in Douala als Modefotografin), viel lieber hätte ich den Dichter und Maler Frédéric Bruly Bouabré in Abidjan besucht. Aber in der neugotischen ehemals deutschen Kirche von Kribi an der Weihnachtsmesse teilzunehmen, „Stille Nacht, heilige Nacht“ als Oratorium einer inspirierten Gemeinde zu hören, die mit Rasseln und Küchengerät den Takt schlug, das war die Reise wert.

Im Flugzeug hatte mich eine ältere Dame, die zwei Plätze beanspruchte, gebeten, sie zu einem Wunderheiler zu begleiten, einem Pygmäen im Campo Ma´am, in dessen Regenwald-Hospital sie Heilung von ihrer Adipositas erwartete.    Die Stämme der Ba´Kam Pygmäen haben lange ungestört in den Regenwäldern naturnah gelebt und sind heute so sehr touristisch erschlossen, dass ihr Ruhm bis nach Aachen gedrungen ist. Tatsächlich besichtigten wir nach einer langen Wanderung eine Anlage von mehreren Hütten unter hohen dichten Bäumen, die von Kranken besetzt waren, einem offenen Herd, auf dem aus Rindenhexel und Kräutern Tinkturen gegen Husten, Fieber, Durchfall, aber auch Gifte für Pfeile und Blasrohre gekocht wurden. Wir begegneten dem kleinen (145 cm) Doktor mit Ehrfurcht: vor uns trat ein Vertreter der ältesten Menschen der Erde, ein „Zwerg des Gottestanzes“; so nennen ihn ägyptische Pyramidentexte. Zurückhaltend ließ er sich das Anliegen der Dame erklären, umkreiste sie, die ihn weit überragte und wie ein weißer Kreidefels vor ihm stand, mehrere Male, griff in einen Lederbeutel an seinem Gürtel und reichte ihr einen im Dämmerlicht weiss leuchtenden Zettel – die Visitenkarte eines Facharztes in Douala. Er hätte Angst, sie aufzunehmen und mit seinen Medizinen zu behandeln. Nein, fotografieren durften wir ihn nicht. In diesen Minuten trat die Distanz zwischen den beiden als räumliche, als Ferne zwischen zwei Kulturen, zwei Kontinenten hinter einer Distanz in der Zeit, als Ferne zwischen Jahrhunderten zurück. Nie wieder bin ich der Vergangenheit so leibhaftig begegnet – und wusste, dass nicht der Pygmäe und sein Krankenhaus, sondern die dicke Frau und ich der Zukunft ins Auge sehen würden. Bruly Bouabré habe ich später kennengelernt.

Abb. Kribi, Kamerun, die Kirche, erbaut um 1900 – Albinos auf dem Weg zum Urwalddoktor, geachtete Sonderlinge hier – meine FotosMy beautiful pictureMy beautiful picture


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Schwarze Helden

  1. Kalendergeschichte

SCHWARZE HELDEN

Seit Leopold II, Carl Hagenbeck und alle Sklavenhändler der damnatio memoriae unterliegen und zunehmend US-Bürger ihre afro-amerikanische Identität verteidigen, seit meiner Jugend habe ich schwarze Helden geliebt. Wenn ich im neuen Theaterstück von Wolfgang Vincke STADT.FINDEN lese:

„ VIER, vorschieben der unterkiefer, go!, halbdistanz, offensive, defensive, kontern, treiben, haken, kalt, cut, uppercut, blocken, auspendeln, kopf gegen brust, mundschutz raus rein, break, jab, sidestep, punch, cross, hart, gerade, linke, rechte, linke, rechte, ausruhen, linke, rechte, linke, rechte, ausruhen, finten, pendeln, abducken, zuschlagen…….“,

ys

sehe ich Joe Louis und Max Schmeling (und Roosevelt und Hitler) und Muhammad Ali und den „Rumble in the Jungle“ von Kinshasa – und denke an den verhassten deutschen Schäferhund George Foremans, Ali Muhammads Verweigerung des Militärdienstes in Vietnam und Einsatz in der Bürgerrechtsbewegung. Repliken tauchen in Hollywood-Filmen, auf, leise erinnern so gegensätzliche Figuren wie Martin Luther King und Barack Obama an sie. Aber es folgt ihnen niemand nach, solche Boxkämpfe, die über sich hinausweisen, haben nicht mehr stattgefunden.

Dabei entwickelt der Boxkampf mit den Regeln, die ihn zu einem Ritual machen, das energischste, aggressivste Bild eines Duells zwischen zwei ebenbürtigen Personen, die in schnellst möglichen Aktionen und Reaktionen handeln (anders als Ringkämpfer oder Sumo-Gegner) und die geringsten Schutzhilfen nutzen (anders als Schwertkämpfer und Fechtende). Ihr Ritual führt die Zuschauer in eine Ära der Freiheit zurück, die vor den Verbindlichkeiten der Gesellschaften, ihren Gesetzen, der Nächstenliebe, der Solidarität liegt; und in den dunklen Hallen der Tausenden erstrahlt das Licht des Alphatiers im Ring, das sich, alle geistigen und körperlichen Kräfte nutzend, aus der letzten Bindung, der Gegnerschaft  zu befreien versucht.

In meiner weißen Haut, in der großen Empfindlichkeit, in der ich geboren und aufgezogen wurde, erschien ich mir hinter diesen Helden klein. Sie mussten groß, ungebärdig und – schwarz sein, stark wie schwarzer Kaffee aus Äthiopien.

In der Materialsammlung “Black Paris. Kunst und Geschichte einer schwarzen Diaspora“ habe ich unter dem Titel „Kunst der Provokation und Provokation als Kunst“ die „Götter des schwarzen Stadions“, den Bantam-Weltmeister Al Brown kennengelernt, der in den 30er Jahren von sich reden machte. Ich verstehe heute, dass sich auch Muhammad Ali einem Klischee einfügte, das für Afrika stand: Rumble in the Jungle. Heute hat das Klischee des unbesiegbaren schwarzen Kämpfers sein Gewicht verloren wie das des Crazy Horse, des Samurai Oda Nobunaga, des Wikingers Erik, des Griechen Odysseus, des Sklaven Spartakus. Der Boxkampf ist in einen Bürgerkrieg degeneriert. Die Tausende, die im Takt der Faustschläge laut atmeten, drängen nun in lautstarken Demonstrationen durch die Straßen großer Städte: Black Lives Matter. Und Tausende sterben in einer weltumspannenden Seuche. Die literarische Gattung der GROSSEN ERZÄHLUNG wird nicht mehr die der großer Helden sein wie die Odyssee oder die des Don Quichotte, sondern die von SCHWÄRMEN – wie die von tausenden Fischen im Wasser oder Staren in der Luft, die im September über Europas Städten tanzen, bevor sie den Flüchtlingen aus Afrika entgegen reisen.

Foto dpa Istvan Bajzat

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Ali vor dpa Istvan Bajzat


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Schwarze Frauen – Mildred Thompson

SCHWARZE FRAUEN – MILDRED THOMPSON

Viele, die sich heute zu Schwarzen äußern, sind den Umgang mit ihnen nicht gewöhnt, wissen nichts über sie, sind berührungsängstlich (meine Eltern!) und zwingen mich, an Schwarze zu denken, die ich kennen gelernt habe. Im New Yorker Atelier von Nancy Graves brachte mich 1969 eine junge, attraktive schwarze Kunstkritikerin kokett in Verlegenheit: ob ich denn in meiner neu gegründeten Neuen Galerie auch schwarze Künstler ausstellen würde. Ich kannte keine.  Nancy Graves und ihre Freunde kannten keine. Die Harlem Renaissance war längst vorbei.

Als ich meine Arbeit in Aachen 1969 begann, besuchte ich den Zeichner und Lithografen Walter Dohmen in Langewehe, und er riet mir, Mildred Thompson kennenzulernen, die am Hang des Hürtgenwaldes in einem Landhaus wohnte. Sie gehörte zu den afro-amerikanischen Künstlern, „Exilamerikanern“, die, aussichtslos in der weißen Gesellschaft der USA um 1960, ihre Anerkennung in Europa suchten, und fand 1965 bei den Ursulinen in Düren eine Stellung als Kunstlehrerin.  Sie hatte schon 1958 bis 1961 bei Wunderlich, Schumacher und Janssen an der Hamburger Kunsthochschule studiert und zeigte mir Arbeiten aus alten Hölzern, die sie in ihrem Haus gefunden hatte. Für die Dorfkirche von Kleinhau hatte sie zwei Glasfenster mit Blumenmotiven in Arbeit. Diese „woodworks“, rechtwinklige, abstrakte, geometrische Assemblagen, die sie auf Platten nagelte, gibt es noch heute in ihrem Nachlass. Sie hatte vorher Grafiken geschaffen, die an ihre Hamburger Lehrer erinnerten, und jetzt, vor einer frei stehenden Holzskulptur, die an ein historisches Monument denken lässt, sprachen wir über die Stahlkonstruktionen ihres Nachbarn hier in Langerwehe, Jupp Ernst, pensionierter Direktor der Werkkunstschule in Kassel,  Mitbegründer der documenta, berühmt durch seine Arbeit für die Kaffeefirma Melitta. Ihn und seine Frau Renate Biermann habe ich ab und zu in ihrem Atelier besucht Mildred zeigte ihre Arbeiten in diesen 10 Jahren in Aachen (ich richtete ihr eine kleine Ausstellung im Atrium am Elisenbrunnen), Köln und Bensberg. Sie sei in diesen Jahren in Europa weder Frau noch Schwarze gewesen, sondern Vertreterin einer unpolitischen art pour l´art, warfen ihr nach ihrer Rückkehr 1975 amerikanische Kritiker vor. Sie verteidigte sich in einem Essay 1987: „Perhaps we, black Americans, might be able to identify with parts of African cultures. To copy symbols that one does not understand, was for me the height of prostitution.  It was perhaps because I had lived and studied with „whitey“ that I had learned to appreciate my Blackness. There are recordings in our genes that remember Africa. If they are strong enough and we are free of false denials, they will surface and appear without deliberation no matter what we do.“ Das Pathos der starken Worte verrät ein politisches Klima, in dem Frauen und Schwarze die Freiheit ihrer Kunst hinterfragen müssen. Der Rückblick auf ihr Oeuvre wird das Selbstverständnis dieser Künstlerin ebenso differenzieren wie die Einflüsse und Anregungen, die sie in ihren Arbeiten aufgenommen hat. 1975 kehrte Mildred Thompson in die USA zurück. Sie starb 2003 in Atlanta/Georgia. 2017 widmete ihr die 10. Berlin Biennale eine Ausstellung.

Wood Picture, c. 1972, Found wood and acrylic paint, New Orleans Museum of Art,

 

 

 

Thompson 1973 Woodwork


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Cafe zum Mohren in Aachen

DAS CAFE ZUM MOHREN

Wer Frau Vallot in AACHEN NEWS folgt, beginnt sich vor den Mohren zu fürchten. Die alten Griechen meinten einen stumpfen, törichten Menschen (?), ihre Oma meinte Neger und sprach von Affengesichtern und Nicknegern, die großen Dichter der Vergangenheit (?) meinten den Teufel.

Die „Mohren“, „Mauren“ waren in der Zeit der spanischen Reconquista gefürchtete dunkelhäutige nordafrikanische Sarazenen. Sie erfanden den Moriskentanz, den der Münchener Bildhauer Erasmus Grasser in großartigen Skulpturen verewigt hat.

Othello ist der berühmte „Mohr von Venedig“, „Moore of Venice“. Und „El Moro“ bezeichnet nicht nur Othello, sondern einen unbekannten Helden der Gastronomie. Ich empfehle daher, das Aachener Café EL MORO zu nennen. Restaurants dieses Namens gibt es nicht nur in Münster und Neustadt, der berühmteste Western-Saloon in Durango/ Colorado hat sogar eine comic-Serie inspiriert.  Wer immer dieser MORO ist, dessen gastronomischer Ruhm viele Menschen anzieht, er taucht seit dem Mittelalter als Kreuzritter und General in Europa auf (des Dichters Alexander Puschkins Urgroßvater, ein afrikanischer Sklave, der als Patenkind des Zaren Peter des Großen Generalmajor und Gouverneur von Estland wurde). hat vielen Orten seinen Namen gegeben und ist ein Held afro-amerikanischer Küche geworden. (In Havanna aß ich in einem Restaurant „Moros y cristianos“ – schwarze Bohnen und weißen Reis).

Der Aachener Mohr verweist nicht auf El Moro, erinnert eher an den heiteren buntgekleideten schwarzen Kellner, der in Plakaten und Schautafeln, karikatural überhöht, (zugegeben: mit Glubschaugen und dicken Lippen) tanzend erschien, als afrikanischer Kaffee und Kakao und Gebäcke, die daraus entstanden, populär wurden (bis zum 2. Weltkrieg bestimmten italienische Firmen wesentlich die Werbung und den Vertrieb aus Eritrea, Somali und Äthiopien). Es gibt ihn schon lange nicht mehr.

 

Mich erinnert das Café zum Mohren patriotisch an die Stadt der Schokolade, in der der Apothekersohn Leonard Monheim, beraten von seinem italienischen Schwager Caspar Grani, 1857 die Produktion von Schokolade unter dem Namen TRUMPF begann. Das ist eine Museumsgeschichte wert: die erste handgegossene Tafel, die erste Schneidemaschine, Gewürzmühlerei und Zuckerschneiderei, Impfkristallisation, Kaltstempelei. Heute scheint vergessen, dass Schokolade aus Apotheken kommt und in Aachen neben den Heißen Quellen ein zweites begehrtes Heilmittel anbot. Ebenso scheint vergessen, dass es Peter Ludwig, der die Urenkelin Leonard Monheims, Irene, heiratete, mit ihr nicht nur gelang, eine weltberühmte Kunstsammlung öffentlichen Häusern zu stiften, sondern in seinen Lebzeiten die Firma zu einem der größten Schokolanden- und Kakaohersteller Deutschlands und der Welt aufzubauen.

Angesichts des europäischen Konsums von Schokolade- und Kakaoartikeln, angesichts der Fülle von Figurationen, die die Industrie produziert – Hasen, Gänse, Küken, Maikäfer, Clowns, Hochzeitspaare, Motorräder – , scheint es exzentrisch, den Mohren, der dem Aachener Café den Namen gegeben hat, auf eine Symbolfigur des Kolonialismus zu teleportieren, anstatt jenen Aufmerksamkeit zu schenken, die die Folgen des Kolonialismus heute noch erleiden.

Peter Ludwig war der Meinung, dass eine Filiale der Aachener Schokoladenfabrik in Afrika aus Klimagründen nicht möglich wäre. Er hatte Unrecht: Die Fairafric Campaign unterstützt 1.600 Kakao-Farmer in Ghana und bietet ihre Schokoladen in einem bunten Sortiment an. Das Cafe zum Mohren sollte ihr Kunde werden.

 

Moriske jpg