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Kunstwechsel

Cafe zum Mohren in Aachen

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DAS CAFE ZUM MOHREN

Wer Frau Vallot in AACHEN NEWS folgt, beginnt sich vor den Mohren zu fürchten. Die alten Griechen meinten einen stumpfen, törichten Menschen (?), ihre Oma meinte Neger und sprach von Affengesichtern und Nicknegern, die großen Dichter der Vergangenheit (?) meinten den Teufel.

Die „Mohren“, „Mauren“ waren in der Zeit der spanischen Reconquista gefürchtete dunkelhäutige nordafrikanische Sarazenen. Sie erfanden den Moriskentanz, den der Münchener Bildhauer Erasmus Grasser in großartigen Skulpturen verewigt hat.

Othello ist der berühmte „Mohr von Venedig“, „Moore of Venice“. Und „El Moro“ bezeichnet nicht nur Othello, sondern einen unbekannten Helden der Gastronomie. Ich empfehle daher, das Aachener Café EL MORO zu nennen. Restaurants dieses Namens gibt es nicht nur in Münster und Neustadt, der berühmteste Western-Saloon in Durango/ Colorado hat sogar eine comic-Serie inspiriert.  Wer immer dieser MORO ist, dessen gastronomischer Ruhm viele Menschen anzieht, er taucht seit dem Mittelalter als Kreuzritter und General in Europa auf (des Dichters Alexander Puschkins Urgroßvater, ein afrikanischer Sklave, der als Patenkind des Zaren Peter des Großen Generalmajor und Gouverneur von Estland wurde). hat vielen Orten seinen Namen gegeben und ist ein Held afro-amerikanischer Küche geworden. (In Havanna aß ich in einem Restaurant „Moros y cristianos“ – schwarze Bohnen und weißen Reis).

Der Aachener Mohr verweist nicht auf El Moro, erinnert eher an den heiteren buntgekleideten schwarzen Kellner, der in Plakaten und Schautafeln, karikatural überhöht, (zugegeben: mit Glubschaugen und dicken Lippen) tanzend erschien, als afrikanischer Kaffee und Kakao und Gebäcke, die daraus entstanden, populär wurden (bis zum 2. Weltkrieg bestimmten italienische Firmen wesentlich die Werbung und den Vertrieb aus Eritrea, Somali und Äthiopien). Es gibt ihn schon lange nicht mehr.

 

Mich erinnert das Café zum Mohren patriotisch an die Stadt der Schokolade, in der der Apothekersohn Leonard Monheim, beraten von seinem italienischen Schwager Caspar Grani, 1857 die Produktion von Schokolade unter dem Namen TRUMPF begann. Das ist eine Museumsgeschichte wert: die erste handgegossene Tafel, die erste Schneidemaschine, Gewürzmühlerei und Zuckerschneiderei, Impfkristallisation, Kaltstempelei. Heute scheint vergessen, dass Schokolade aus Apotheken kommt und in Aachen neben den Heißen Quellen ein zweites begehrtes Heilmittel anbot. Ebenso scheint vergessen, dass es Peter Ludwig, der die Urenkelin Leonard Monheims, Irene, heiratete, mit ihr nicht nur gelang, eine weltberühmte Kunstsammlung öffentlichen Häusern zu stiften, sondern in seinen Lebzeiten die Firma zu einem der größten Schokolanden- und Kakaohersteller Deutschlands und der Welt aufzubauen.

Angesichts des europäischen Konsums von Schokolade- und Kakaoartikeln, angesichts der Fülle von Figurationen, die die Industrie produziert – Hasen, Gänse, Küken, Maikäfer, Clowns, Hochzeitspaare, Motorräder – , scheint es exzentrisch, den Mohren, der dem Aachener Café den Namen gegeben hat, auf eine Symbolfigur des Kolonialismus zu teleportieren, anstatt jenen Aufmerksamkeit zu schenken, die die Folgen des Kolonialismus heute noch erleiden.

Peter Ludwig war der Meinung, dass eine Filiale der Aachener Schokoladenfabrik in Afrika aus Klimagründen nicht möglich wäre. Er hatte Unrecht: Die Fairafric Campaign unterstützt 1.600 Kakao-Farmer in Ghana und bietet ihre Schokoladen in einem bunten Sortiment an. Das Cafe zum Mohren sollte ihr Kunde werden.

 

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