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Kunstwechsel

Wem gehört die Welt 5

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Wem gehört die Welt 7. Tag

Die Spiralmole

„It is, perhaps, our unique achievement as lords of the creation to have brought about the separation of time and space. We alone have given to each a separate value, a distinct measure of their own which now define and bind us like the length and breadth of a coffin. To resolve them again is he greatest aim of natural science as you and I have seen, in our work on the virus, with its semi-animate, crystaline existence, half in and half out in our own time-stream, as if intersecting it at a angle….“

J.G.Ballard The Crystal World 1963, Kapitel 7, in einem Brief an seinen Lehrer im naturwissenschaftlichen Labor

„Es ist vielleicht unsere einzige Errungenschaft als Herren der Schöpfung, die Trennung von Zeit und Raum geschafft zu haben. Wir allein geben beiden einen eigenen Wert, exakte Maße, die uns bestimmen und binden wie Länge und Breite eines Sarges. Die Trennung aufzulösen ist das höchste Ziel der Naturwissenschaft, wie wir in unserer Arbeit an einem Virus gesehen haben, der halb lebendig halb kristallin in unseren Lebensstrom eindringt, halb in, halb am Rand in einem Winkel verharrt,,,,,,,“

In der Landschaftsausstellung „buiten de perken“ bewunderten wir 1971 die monumentalen Skulpturen und Installationen, die Win Beeren aus New York in die Niederlande importierte: MINIMAL ART. Robert Morris entwarf das „Observatorium“, einen 90 m messenden Doppelring aus Erdwällen, der Anregungen der europäischen Megalithkultur folgte. Mit seinen Freunden hatte er Stonehenge und die Bretagne besucht. Die Megalithe, die zu datieren die neue Radio Carbon Methode erlaubte, legten zahlreiche Fantasien über kosmische Bezüge und Totenkulte frei. Richard Long stellte 1970 eine Spirale aus weißer Kreide als Bodenskulptur aus, die die Länge eines Weges vom Boden zur Spitze des höchsten prähistorischen Hügels, Silbury Hill, in England maß.

New Yorker Bildhauer wie Mike Heizer, Walter de Maria und Robert Smithson begannen, neue Megalithe in den Wüsten des amerikanischen Westens zu realisieren.

Smithson und seine Frau Nancy Holt pachteten 1970 ein Ufergelände des Großen Salzsees im Staat Utah in der Nähe einer großen Eisenbahnlinie und einer Industrieanlage. Bei niedrigem Wasserstand war es nicht schwer, einen 4,6 m breiten und 457 m langen Damm aus Basaltblöcken und Sand mit Bulldozern aufzuschichten. Er verlässt geradlinig das Ufer und dreht sich in drei gleichförmigen Kreisen bis zu einem mittleren Endpunkt. Ziel der Arbeit ist ein Film, in dem der Künstler ihn aus der Höhe eines Hubschraubers kommentiert.

Im Film mischen sich die Bilder mit Visionen historischer Wiesen und laufender Dinosaurier, wie wir sie aus Vorgeschichtsmuseen kennen. Smithson erinnert an das Buch „The Shape of Time. Remarks on the History of Things“ des Kunsthistorikers George Kubler, der an Funden aus präkolumbischer Zeit aufzeigte, dass unsere Vorstellungen fortlaufender Zeit von denen überlagert werden, die still stehen und andauern (Nancy Graves hatte mir ihr Exemplar des Buches geschenkt, als sie 1970 die Vorgeschichte von Kamelen untersuchte). Smithson wusste: keine Linie verwandelt Zeit besser in eine Dauer, als die Spirale, in der sie sich spiegelt.

Alle Medien – Comics, Bücher, Filme – in den erregten 1960er Jahren waren reich an Rückblicken in die Katastrophen der Erdgeschichte und Science-Fiction-Entwürfen der Zukunft. Ich las alles von Isaac Asimov, und Smithson reflektiert die Dystopien des Zeitgenossen J. G. Ballard. („The Burning World“, „Crystal World“). Den Autoren der „New Wave“ waren Vorstellungen eines geologischen Zusammenbruchs in der Epoche der Atombombe geläufig, für den der zweite Hauptsatz der Thermodynamik die Erklärung zu liefern schien: ENTROPIE – der große Salzsee würde austrocknen und verglühen, der Globus würde in kosmischen Stürmen auseinanderbrechen.

Tatsächlich hatte der riesige Binnensee so viel Regenwasser aufgenommen, dass Smithsons Skulptur mehrere Jahre unsichtbar blieb und erst 2006 wieder auftauchte. Die Spirale leuchtete, zahllose weiße Salzkristalle türmten sich auf den schwarzen Basalten (bei Ballard sind es Kristalle, die einen schwarzen Wald in einen LSD-Rausch versetzen).

Illustration: Robert Smithson, Spiral Jetty, 1970, Juli 2013, Philosophical Art, Wikipedia

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