R O L L O V E R B E E T H O V E N viertens
In den Abenden, in denen in der Neuen Galerie in Aachen nicht der Film „Ludwig Van“ von Mauricio Kagel gezeigt wurde, lief über die Tonanlage eine kommentierte Sammlung von Beethoven-Bearbeitungen von Stockhausen bis Jankowski, und die Kuratoren inszenierten Auseinandersetzungen mit Beethovens Werk. Sie waren von FLUXUS bestimmt, von John Cage, George Brecht, Allan Kaprow, Al Hansen, La Monte Young und Geoffrey Hendricks aus der New School for Social Research in New York. Dick Higgins bot die Partitur für die Vorstellung der 3. Symphonie, der EROICA als Wettlauf zwischen den Dirigenten Hans Knappertsbusch, Herbert von Karajan und Leonard Bernstein auf drei Plattenspielern. Das Publikum applaudierte nach jedem Satz dem Sieger, drei Stoppuhren erlaubten, die Zeitdifferenzen zu fixieren und beim zweiten Durchlauf so zu nutzen, dass alle drei gleichzeitig endeten.
Wolf Vostell schickte Telegramme, in denen er über die Arbeit an seiner Beethoven gewidmeten „Vietnam-Sinfonie“ für den Kölner Hautbahnhof berichtete.
Am Abend des 19. 12. spielte KRAFTWERK die „Beethoven-Symphonie“ in „Beethovens Kunstsalon.“ Konrad Schnitzler hatte der Gruppe einen der ersten Synthesizer besorgt, so konnten Ralf Hütter (Flöte, Geige, Stimme, Vocoder, Robovox) und Florian Schneider im Ballsaal der Sonate in a-moll op. 132 Zitate von Fritz Wunderlichs Arie „Ich liebe Dich“ beifügen und mit Orgelklängen einen gewaltigen Klangrausch erzeugen, in dem vor ihnen Beethoven wie eine große Wolke erschien und verschwand. Sozialkritische Kommentare, die zur Ausstellung erwartet wurden, blieben nicht aus. (Fortsetzung folgt)
Abb. Wolf Vostell Vietnamn-Sinfonie 1971 Serie von 4 Farbsiebdrucken