PEINTURE VACHE – MIT KUHSCHWÄNZEN MALEN
Es gibt nicht viele Künstler, die vor 50 Jahren wagten, sich mit der „Kommunikationsguerilla“ in den Straßen, den anonymen Wandmalern, den Grafittisten, Sprühdosen-Anarchisten, Billboard-Artists, Cartoonisten, Stadteilkultur-Animatoren und Pflastermalern auseinander zu setzen – allen, die nicht auf Galerien und Museen, Kunst- und Museumsvereine zielen, die ihr Publikum duzen und nichts malen, was die Passanten nicht verstehen, und dort malen, wo ihre Arbeiten gesehen werden müssen.
Die „Akademiker“ verachteten sie und wehrten sich. „peinture vache“ heißt das, was René Magritte Im kulturellen Chaos der 40er Jahre des 20. Jahrhunderts in Brüssel malte: eine Serie von Bildern, schnell und roh gemalt, angereichert mit Zitaten aus zeitgenössischen comic-strips. Das Pariser Publikum war empört.Und gleichzeitig erfand Jean Dubuffet die „art brut“, in der Werke von Außenseitern, Visionären und Geisteskranken Platz fanden. Die New Yorker Kunstszene nannte solche Fluchten aus dem akademischen Canon später „bad painting“. In der Düsseldorfer Akademie sympathisierten Milan Kunc und Jörg Immendorff mit der „Straße“. Immendorff hatte als Wappentier nicht eine Kuh, sondern einen Affen gewählt. Zur Befreiung Dänemarks von den Deutschen malte er ihn 1995 auf einen der Bunker an der Küste Jütlands.(siehe mein Foto) Man erinnert sich, dass Picasso und seine Freunde im „Lapin Agile“ ein Bild mit dem Schwanz eines lebendigen Esels malten. „peinture vache“ macht Spaß.
In den 70er Jahren überschwemmten die Roten Garden Chinas die Welt mit ihren Vervielfältigten Revolutionsbildern, und der Isländer Erro folgte ihnen und seinem Schwiegervater, einem asiatischen Plakatmaler, in seinen „Tableaux Chinois“ – kurzum: der akademische europäische Kunstcanon löste sich nicht nur an seinen Rändern auf, wo nach der Fotografie zahlreiche andere neue Medien eindrangen, sondern in seinem Mitte, wo die Vorstellungen klassischer Ölmalerei nicht nur durch Acryl und neue Bildträger, sondern auch ihre Orte (Bahnhöfe und Fabrikhallen) aufgelöst wurden.
Der berühmteste Maler heute ist zweifellos der Held der Kommunikationsguerilla, der Engländer Banksy, dem Wikipedia eine ausführliche Biografie widmet Er korrigiert das Künstlerselbstverständnis erheblich, indem er darauf verzichtet, sich in den Medien über sein Werk zu erheben, indem er in flagranti arbeitet, durch die Orte, die er besetzt, poliische Akzente geltend macht und seine Einkünfte für das internationales Gemeinwohl einsetzt. Kein Künstler hat wie er beweisen können, dass die Wertvorstellungen von Kunstwerken Ergebnisse simplistischer Manipulationen sind.
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m letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts hat Joseph Beuys die europäische Kunstszene messianisch beherrscht. Lassen sich die beiden Epochen nach ihren kulturellen Leitfiguren deuten? Hat die allgegenwärtge Botschaft, jeder Mensch sei ein Künstler, in Bristol Fuß gefasst?
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