TURKISH DELIGHTS
Eine Kalendergeschichte
Die türkische Künstlerin Nil Yalter schenkte ihrer Freundin Anne 1978 eine kleine Sammlung von Kochrezepten unter dem Titel „Le sexisme dans la cuisine turque ou la volupté culinaire d´un empire“ – „Der Sexismus in der türkischen Küche oder die kulinarische Wollust eines Imperiums“. Anne war eine Freundin von Isil Akyuz, der Frau des bekannten Künstlers Sarkis. Die kleine türkische Gemeinde in Paris lachte gern über Eartha Kitts Schwärmerei für türkische Männer in USKA DARA und TURKISH DELIGHTS und ärgerte gern Pariser Feinschmecker mit TAVUK GÖGSU, einem Dessert aus gekochter Hühnerbrust. Sie pflegte die kulturellen Trümmer, die die zeitgenössische Türkei zurückgelassen hatte.
Sarkis bereitete gerade eine Ausstellung für die Neue Galerie in Aachen vor und zeigte Fotos von einem prunkvollen Ballsaal dort., in dem er große Beispiele von peinture en bâtiment – Anstreicherkunst zeigen wollte: Nil würde kommen. Sie hatte Schwarz-Weiß-Fotos zu den Rezepten mitgebracht, die die Gerichte zeigten. Solche Fotos mit Rezepten veröffentlichte häufig im Facebook der Aachener Künstler Detlef Kellermann als Beispiele seiner Kochkunst, und sie waren beliebt in digitalen und analogen Kochbüchern. Aber diese Fotos und die Texte, die sie begleiteten, schienen einen Hintersinn zu haben. Sie machten es nicht leicht, die hohen Ansprüche der osmanischen Küche zu verstehen. Alle Zutaten waren durchaus gewöhnlich und in Europa verbreitet. Machte sich Nil Yalter über den Sexismus des Imperiums lustig ? Hatte sie Heimweh? Fiel der Mullah in Ohnmacht, weil ihn das Gericht zu vergiften drohte? Sollte der Großwesir solche dicken Finger haben, die seine Untertanen ablecken mussten?
Hier eine Rezept. Die nächsten 2 folgen.
