K U N S T I M R A T H A U S
54. Kalendergeschichte
Pardon. Corona schafft Zeit für unwichtige, aber bedeutungsvolle Gedanken.
Vor 30 Jahren war der Neuseeländer Peter Robinson an einer Ausstellung im Aachener Ludwig Forum beteiligt und hinterließ mir ein Bild auf einer Schranktür über „Bad Aachen“. Er verstand nicht, dass wir Aachen „bad“ finden. 2013 benutzte ich das Bild für eine Ausstellung über die heißen Quellen. Wir telefonierten: ob ich Marie-Helene Delemolle kenne, fragte er. Sie sei ein Jahr in Neuseeland gewesen, habe sich mit „frommen“ Bildern über Marien und Engel im Stil der italienischen Renaissance bekannt gemacht, sei das Thema leid und habe hier die ALL BLACKS entdeckt, die Rugby-Nationalmannschaft, Weltmeister zuletzt 2011, die ihr in den schwarzen Trikots mit dem weißen Farnblatt (für sie Engelsflügel) Alternativen zu den weißen Engeln der Renaissance boten. Der Ritualtanz HAKA der Maori, der jedem Spiel vorangeht, habe sie begeistert.. In Düsseldorf hätte sie mit Kunststudenten Rugby geübt, und schon ihre Großväter seien in Südfrankreich Rugbyspieler gewesen. Robinson, der sich selbst als zehnprozentigen Maori betrachtet, war überrascht und hat ihr geholfen, Zugang zu dem Trainingslager der All Blacks in dem abgelegenen Küstenort Ruatoria zu erhalten.
Marie-Helene Delemolle, 1961 geboren in Cannes, hat in den 80er Jahren an der Ecole des Beaux-Arts in Bourges studiert, bevor sie 1990/91 Künstlerwohnung und Werkstatt des neu eröffneten Ludwig Forums mit einem Stipendium des deutsch-französischen Jugendwerkes nutzte. Aus einer Ausstellung jener Bilder aus Bourges, die Robinson „fromm“ nannte, die sie in Aachen ergänzte, sehr abstrakt und vorzugsweise in feierlich glatten roten und goldenen Farbfeldern komponiert, hat sie ieinige verkauft, es heißt sogar, eines an Peter Ludwig, der es der städtischen Sammlung geschenkt hat. Dieses Bild hängt nun im Aachener Rathaus.
Marie-Hélène Delmolle zog nach Düsseldorf in die Klaus-Rinke-Klasse der Akademie und arbeitete 1998 bis 2001 dort im Französischen Kulturinstitut. Hier endet ihr „frommes“ Oeuvre. Sie lernte unter dem Kommilitonen eine Rugby-Gruppe kennen, deren Übungen und Spiele sie fotografierte. Sie sahen Filme von der neuseeländischen Nationalmannschaft als Weltmeiste. Sie reiste nach Neruseeland, um die Gruppe der ALL BLACKS kennezulernen.. Im Mai 2002 erzählte sie dort der Zeitung NEWS 24, dass sie die Rugby-Bilder, die jrtzt entstanden seien, in Pessac bei Bordeaux anlässlich eines Rugby-Fetivals im September ausstellen wolle. Sie schloss nicht aus, danach zurückzukehren. Tatsächlich finden wir sie 2003 in einer großen Gruppenausstellung südfranzösischer Künstler im Pariser Hotel de Ville wieder „Au delà du Sport L´Art Emmêlé“ und im Festival der „Rencontres Ovales“. „Le Site des Arts et du Rugby“. In die Ankündigung sind drei ihrer Bilder eingetragen, die Rugby-Spieler in schnellen Bewegungen als schwarze Silhouetten auf dem grünen Feld zeigen.
Die Gruppe der „frommen“ Bilder, die die Aachener geschätzt haben, sind Zeugnisse einer Versenkung der Künstlerin in die Frömmigkeit der Frührenaissance, die wir in Bildern von Frau Angelico bewundern. Der „Atem des Engels“ (so heißt das schöne Bild im Aachener Rathaus) schwebt unsichtbar zwischen den beiden „ Heiligen Köpfen“. Die Konversion der Künstlerin zu den schwarzen Engeln der All Black Rugby-Spieler konnte nicht dramatischer sein.
Warum nun dieses Frühwerk einer französischen Künstlerin aus Pessac Im Aachener Rathaus hängt, wird eine Schrifttafel erklären, die es ergänzt. Moge der Atem des Engels alle berühren, die hier arbeiten.
