Beckeraachen

Kunstwechsel

Fotos lesen – B.+ M. Leisgen

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F O T O S   L E S E N   – BARBARA UND MICHAEL LEISGEN

„Das Lesen aus den Wolken, den Steinen, der Sonne, den Bergen und den Tänzen ist ein Lesen jenseits der Sprache“ so schrieb das Künstlerpaar in seinem Katalog der Neuen Galerie 1974 und meinte mit Lesen: Fotografieren. Künstlerpaare waren damals so selten wie Künstler, die nicht gemalte, gezeichnete, gedruckte, sondern fotografische Bilder herstellten und das Atelier durch das Fotolabor ersetzten. Barbara und Michael waren aufeinander angewiesen:  sie posierte, er fotografierte – schwarz-weiße Kleinbildnegative. Er lenkte sie, die Rückenfigur, sie blickte in das Bild der Landschaft und suchte sich darin einen Ort. So entstanden auf den sanften Höhen der Eifel „25 Versuche über den Horizont zu springen“ und eine große Gruppe von Einzelwerken, in denen Barbara ihren Körper in die Umrisslinien der Hügellandschaft und des Himmels einschrieb. Wo Menschen den Verlust, die Gefährdung der Natur fürchten, fanden Barbara und Michael Leisgen im fotografischen Medium früh Bilder der sehnenden Betrachtung, der Meditation, der Einswerdung.

Die sennende Betrachtung, die die deutsche Romantik und Maler wie Caspar David Friedrich auszeichnet, hat die Fotografen Barbara und Michael Leisgen schon in den 70er Jahren zur Sonne geführt, zu der schwierigen Aufgabe, mit der schnell bewegten geöffneten Kamera Sonnenlicht zu schreiben, Schriftzüge, Buchstaben, ja Worte zu artikulieren. Die Wendung zum altägyptischen Sonnengott RE inspirierte sie zu „Ägyptischen Wänden“, zum „Alphabet der Sonne“ und zu dem 24-teiligen Werk der „Apokalypse“. Das Medium der Fotografie drohte, in den zuweilen mit ausgestopften Vögeln inszenierten Zyklen seinen Eigenwert zu verlieren. Wo die Sonne sozusagen die Sprache der Menschen annimmt, verliert sich der Sinn der Mimesis.

1977 zeigten Barbara und Michael Leisgen ihre Arbeiten in der Kasseler documenta und trugen dazu bei, dass die Fotografie als eines der künstlerischen Medien respektiert wurde. Seitdem haben sie an vielen Ausstellungen in Europa und Amerika teilgenommen. Es versteht sich, dass sie dort, wo die Fotografie erfunden und entwickelt wurde, in Frankreich eine besondere Wirkungsgeschichte haben. Barbara lehrte an der Ecole des Beaux Arts in Paris. Sie starb 2017. Michael erhält das künstlerische Erbe in Aachen.

GESCHENKT – GESAMMELT von Wolfgang Becker. FOTOS AACHENER KÜNTLER  1975-2018 im STADTBAD AACHEN am Blücherplatz 12.9. – 13. 10. 2019

Abb. Wolke, 1972

 

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