Kühe in der zeitgenössischen Kunst
Gibt es im amerikanischen Comic ein Rind wie den Hasen Bugs Bunny? Warum hat es Andy Warhol interessiert, einen Kuhkopf hundertfach in verschiedenfarbigen Siebdrucken als Bildtapete zu realisieren? Warum machte es Roy Lichtenstein Spaß, die Ansicht einer wohlgenährten Kuh in einer Folge von Bildern von einem realistischen Abbild zu einer mondrianschen Abstraktion zu stilisieren? Es mag schon vor 50 Jahren auch in amerikanischen Großstädten den Ruf nach veganer Ernährung, die Kritik am Missbrauch der Rinder und der Nahrungsmittel, für die sie gebraucht werden, gegeben haben. 1964 war in Kuba der französische Biochemiker André Voisin gestorben, den Fidel Castro eingeladen hatte, die Erkenntnisse aus seinem Buch „Die Produktivität der Weide“ in einer Kampagne nutzbar zu machen, die die Produktion von gesunder Milch sicherstellen sollte. Der kubanische Künstler Saidel Brito nannte 1994 8 lebensgroße farbige Keramiken in der Form von Kuhköpfen, die auf dem Boden „schwimmen“ die „Voisin“-Emigration“.
In der Weltgeschichte der Kunst sind viele Bilder von Kühen erhalten. Das Haustier wurde als Göttin und Nährmutter verehrt – Prithivi in Indien, Hathor in Ägypten, Io in Griechenland – und hat sich über die Jahrhunderte eine Aura erhalten, der die Menschen mit Achtung, Ehrfurcht und Dankbarkeit begegnen.
Den amerikanischen Maler Mark Tansey hat 1981 in dem monumentalen Bild „Innocent Eye Test“ interessiert, wie Kühe sich anschauen, wenn sie einander in einem anderen Medium begegnen: er malte eine lebensgroße Kuh, die im Mauritshaus in Den Haag auf eine andere in jenem berühmten großen Bild „Der junge Stier“ (236 x 340 cm) des Paulus Potter von 1647 schaut. 2 Epochen Auge in Auge in Vorbereitung einer Paarung: das Goldene Zeitalter, in dem das Landleben mit den heimischen Haustieren dem Stadtleben harmonisch zugesellt war, und die Turing-Galaxis, die ihr Ende vorbereitet.
Die Fotografin Ursula Böhmer hat mich angeleitet, über Kühe nachzudenken, als sie ihr Buch und eine Ausstellung in Düren präsentierte. Sie hat Kühen in Europa in die Augen geschaut – in etwa 4 m Entfernung – und bedauert, nicht mit ihnen sprechen zu können. Neurobiologen, die das Bewusstsein des Menschen als Netzwerk von Synapsen definieren, können ein anderes bei Kühen bis heute nur vermuten. So bleibt, ihre Blicke, ihre Laute, ihre Bewegungen zu lesen und Schlüsse daraus zu ziehen. FLUXUS hat die Kuh in seinen Aktionen nicht ausgelassen. Wolf Vostell führte eine hoch schwangere Kuhn in die Ausstellung „Happening und Fluxus“ von Harald Szeemann in der Kölner Kunsthalle 1970, um sie dort ihr Kalb gebären zu lassen. Die „Wächter“, gerufen, Mutter und Kind vor der Freiheit der Kunst zu schützen, führten die Kuh zurück in ihren Stall in Kürten.