Der Hase – Jeff Koons – Joseph Beuys
1974 fand die Performance „Coyote“ in der New Yorker René Block Galerie statt, in der Joseph Beuys sich mit einem Tier befreundete, das so symbolhaft für Amerika steht wie das Känguru für Australien – und – ich wage hinzuzufügen – der Hase für Deutschland. Im gleichen Jahr erschien das kleine Auflagenobjekt „Amerikanischer Hasenzucker“ mit einem Farbdruck eines Hasen, der an einem Teich Wasser schleckt, und einigen Zuckerwürfeln: ein unscharfer Appell: Gib dem Hasen (Affen) Zucker!
In meinem Exkurs zu dem Rabbit von Jeff Koons habe ich die Frage: Warum ein Hase? übergangen, weil ich sie bei der Lektüre der amerikanischen Würdigungen der Skulptur anlässlich ihrer Versteigerung überhaupt nicht gefunden habe. Dabei hätten die Vergleiche mit den Ready mades von Duchamp doch klarstellen müssen, dass jener unter keinen Umständen Gegenstände von kultureller symbolischer Bedeutung gewählt hat. Kann man also den Rabbit mit dem Urinoir vergleichen? Ist die Herkunft der Figur, die Koons unter den Inflatables entdeckte, vergessen? Kennzeichnet es die großstädtische Konsumgesellschaft Amerikas, dass ihre Kinder Hasen, Kaninchen, Bären und Kühe nur noch als Comics und Inflatables kennen?
Joseph Beuys hat im November 1965 in der Düsseldorfer Galerie Schmela in einem Raum, in den das Publikum nur durch Fenster hineinschauen konnte, „einem toten Hasen die Kunst erklärt“; er trug ihn in seinen Armen und hielt die Zwiesprache eines Schamanen (der Kopf goldfarbig und mit Honig gesalbt) mit einem „Jenseitigen“, der wiedergeboren wird. Er gab dem Hasen eine Bedeutung, die tief in die Kulturgeschichte der Völker hinabreicht – und machte als fluxus-Künstler feierlich darauf aufmerksam, dass der gesunde Menschenverstand jener, die draußen zuschauten, am wenigsten geeignet ist, die Kunst zu verstehen.