Beckeraachen

Kunstwechsel

Die Brücke

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K U N S T A B C
1973 -77 habe ich unter diesem Titel 173 Texte in der Aachener Volkszeitung publiziert. Den einen oder anderen redigiere ich jetzt, um auf mich und eine andere Epoche der Kunst- und Weltgeschichte zurückzuschauen.
Kunst ABC AVZ 1. 2. 1975
„D I E B RÜ C K E“
Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff waren schon Gymnasialschüler in Chemnitz (Rottluff ist der Name eines Vororts) und immatrikulierten an der Technischen Hochschule in Dresden, um Architektur zu studieren. Fritz Bleyl regte dort Kirchner als ersten an, sich in der zeitgenössischen Kunst umzusehen und sich an Bildern, Zeichnungen und Holzschnitten zu versuchen. Heckel und Schmidt-Rottluff kamen 1904 und 05 nach, und die 4 entwickelten ein Gruppenbewusstsein. Sie nannten sich „Die Brücke“ und entwarfen 1906 ein Manifest: „Mit dem Glauben an Entwicklung, an eine Generation der Schaffenden wie der Genießenden rufen wir alle Jugend zusammen und als Jugend, die die Zukunft trägt, wollen wir uns Arm- und Lebensfreiheit verschaffen gegenüber den wohleingesessen älteren Kräften.“ Sie verachteten die Bourgeoisie, aus der sie kamen, sie lebten und malten freizügig als Bohemiens, schockierten die Dresdener mit libertinen Darstellungen eines Aktmodells, das sie gemeinsam bezahlten, und setzten dem Akademismus einen „Dilettantismus“ und „Primitivismus“ entgegen, beriefen sich auf das Vorbild des Paul Gauguin, studierten begeistert im Dresdener Völkerkundemuseum afrikanische und pazifische Skulpturen und verwandelten ihr Atelier in ein exotisches Zelt. Ihre Holzschnitte zeigen die Vorbilder in den Schnittführungen, in der Aufteilung der Farbflächen, in der Enträumlichung. In den Gemälden suchten sie den großen Klang einfacher Grundfarben. Otto Müller regte sie 1910 an, trockene Leimfarbe direkt auf Sackleinen aufzutragen. Schmidt-Rottluff konzentrierte sich auf das Schnitzen exotisch anmutender fetischhafter Figuren. Die Dresdener Stadtwohnung verwandelte sich in die Insel einer zeit- und raumentfernten Frühkultur. Sie arbeiteten: zwischen 1905 und 1913 sind 1.500 Holzschnitte entstanden, eine 1. Wanderausstellung machte sie 1907 bekannt, danach organisierten sie und beteiligten sich an etwa 40 weiteren. Emil Nolde, Max Pechstein, der Schweizer Carl Amiet, der Finne Axel Galén-Kallela, der Holländer Kees van Dongen stießen zu ihnen. Die Berliner Sezession wies ihr Ansinnen, sie als Gruppe auszustellen, 1910 zurück, so gründeten die Brücke-Maler und ihre Freunde die „Neue Sezession“, die Pechstein präsidierte und die Künstler des Münchener „Blauen Reiters“ Macke, Marc und Kandinsky aufnahm. Bis zum Kriegsbeginn war Berlin die Hauptstadt der zeitgenössischen Kunst. Die Brücke-Künstler blieben der Stadt treu. Heute sind sie dort im Brücke-Museum vereint. 1913 löste sich die Gruppe auf. Kirchner hatte eine Brücke-Chronik publizierte, die die Freunde irritierte. Nach dem Krieg blieben sie geachtet. In der nationalsozialistischen Ausstellung „Entartete Kunst“ 1936 im Münchener Haus der deutschen Kunst stand über ihren Bildern „Verniggerung der Kunst“. Ihre Werke hängen heute in vielen Museen der Welt und erreichen in Auktionen hohe Preise.
Abb. Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Otto Mueller beim Schach, 1913, Öl auf Leinwand, 35,5 × 40,5 cm „Brücke“-Museum, Berlin

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