Beckeraachen

Kunstwechsel

Yves Klein

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K U N S T A B C
1973 -77 habe ich unter diesem Titel 173 Texte in der Aachener Volkszeitung publiziert. Den einen oder anderen redigiere ich jetzt, um auf mich und eine andere Epoche der Kunst- und Weltgeschichte zurückzuschauen.
Kunst ABC AVZ 31.1.1976
Y V E S K L E I N
„Ein Mensch sein gegenüber dem Universum“ Das, erklärte der französische Künstler einem stets angenehm schockierten, begeistert applaudierenden Publikum, sei die Quintessenz seines Künstlerlebens. Er starb 1962 34-jährig – eines natürlichen Todes – ein STAR. Ihm fehlte die langlebige Grandezza von Salvador Dali ebenso wie die Dämonie des Andy Warhol. Er war ein Zauberkünstler mit Frack und Zylinder, der die kunstermüdeten Pariser mit skandalumwitterten Erfindungen aufschreckte. 1954 war er mit der Monochromie, der Einfarbigkeit, dem „International Klein Blue“, „IKB“, einem tiefen Ultramarin von einer Reise nach Japan zurückgekehrt. Er trug das reine Pigment, gebunden mit dem Polymer-Bindemittel „Rhodopas“, gleichmäßig auf Leinwände auf und spannte sie auf Holz- und Hartfaserplatten, um Farbobjekte von großer Leuchtkraft zu erreichen, in denen die Farbe sich selbst gleichsam dematerialisierte. Der Protest gegen das materielle Ausdrucksvokabular der abstrakten Expressionisten und der „ècole de Paris“ konnte nicht drastischer sein. Seine Bildtafeln sollten nicht mehr „Psychogramme“, sondern „Energiefelder“ sein. Über sie hinaus erfand er 1957 eine „Zone immaterieller Sensibilität“ und zeigte ein 1. Beispiel in der Galerie Iris Clert 1958, einen leeren Raum, dessen Eingang Soldaten der Garde des französischen Staatspräsidenten in Paradeuniform bewachten. Seit 1959 konnte man eine „Zone“ mit einem „Scheck des Immateriellen“ erwerben. Mit dem Essener Architekten Werner Ruhnau entwickelte Klein Modelle für Luftarchitekturen, und in Zusammenarbeit mit dem Düsseldorfer Bildhauer Norbert Kricke entstanden Wasser-, Wind-, Feuer- und Lichtskulpturen. „Ich bin ganz frei gegenüber meinen Bildern….Für mich ist Kunst wie Philosophie“. Er, der Erleuchtete, habe einen Zustand höchster Sensibilität und ungebundener Fantasie erreicht. „L´Imagination au Pouvoir!“ (Die Imagination an die Macht) wurde zu einem der Schlachtrufe des „Mai 68“ in Paris. Kleins „Schule der Sensibilität“ in Parisd und Düsseldorf geht der „Freien Internationalen Hochschule für Kreativität und Interdisziplinäre Forschung“ des Joseph Beuys voran. Das Pathos seiner Botschaften war erfolgreich. Die Medien machten ihn in breiten Kreisen bekannt. Am bekanntesten wurden seine „Anthropometrien“. Sein Freund, der Kunstkritiker Pierre Restany fand diesen Titel für Aufführungen, in denen ein Streichorchester 40 Minuten lang einen einzigen Ton, die von Klein komponierte „Symphonie sonore“ sielte, während einige nackte junge Frauen, die blaue Farbe auf ihren Körpern trugen, dirigiert vom Künstler, sich auf großen weißen Papierbögen bewegten und Abdrücke hinterließen. Performances dieser Art hatte Klein in Japan bei der Gruppe Gutai kennen gelernt. Solche Antropometrien sind positiv, negative entstanden, wenn blaue Farbe auf den Papierbögen die Modelle umgab, rahmte. Klein meinte zu ihnen, dass die „Atomschatten“ von Hiroshima ihn dazu angeregt hätten. Den Antropometrien folgten „Naturmetrien“ und „Kosmogonien“; die einen entstanden, indem er Leinwände zwischen Schilfgräser stellte und mit seinem Pigment bestäubte, die anderen gestalteten Wind und Regen auf einem fahrenden Automobil. Die nationale Gasanstalt gestatte ihm, in ihrem Versuchslabor mit großen Gasbrennern Brandbilder zu gestalten. Seit 1960 hielt er sich nicht mehr an seine ´Monochromie, sondern gestaltete Spurenbilder in leuchtenden Farben, in Gold, unruhige Kompositionen voller Pathosformeln. Der Immaterialist materialisierte sich.
Die strengen blauen Objekte des Yves Klein hingen bald in viele Museen, und seine Aufführungen regten viel Künstler an. Die Düsseldorfer ZERO-Gruppe von Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker war eng mit ihm verbunden, der Italiener Piero Manzoni hat sich mit ihm um Prioritäten gestritten, Lucio Fontana hat den Jüngeren rückhaltlos bewundert. Die Rückführung der Malerei aus der subjektiven Zeugenschaft in ein objektives Forschungsfeld bedeutete seit 1955 immer und überall Reduzierung auf möglichst eine Farbe, Planierung und Strukturierung der Malfläche zur Serialität, Verwissenschaftlichung des Bildausdrucks. So entstanden OP ART, HARD EDGE und COLORFIELD Painting.
Abb, Anthropométrie ANT 104 1960 Reines Pigment und synthetischer Harz auf Papier 278x410cm

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