Beckeraachen

Kunstwechsel

Aktionsmalerei action painting

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K U N S T   A B C

1973 -77 habe ich unter diesem Titel 173 Texte in der Aachener Volkszeitung publiziert. Den einen oder anderen redigiere ich jetzt, um auf mich und eine andere Epoche der Kunst- und Weltgeschichte zurückzuschauen.

Kunst ABC   AVZ   16.11.1974

A K T I O N S M A L E R E I   A C T I O N   P A I N T I N G

Jackson Pollock (1912-1956) ist einer der 1., die nicht mehr ein Tafelbild in seinen festgelegten Rahmen hinein malen, sondern erst malen und dann das Bild auf dem bemalten Tuch bestimmen. Mit ihm haben viele andere in Amerika und Europa die Farbe und ihren Auftrag aus der Disziplin von Pinsel und Palette befreit; Georges Mathieu und Karel Appel quetschten sie aus der Tube auf die Leinwand; Pollock entwickelte eine eigene Technik: er pendelte eine mit Farbe gefüllte und unten angebohrte Konservendose an einer Schnur über der Leinwand am Boden in „schreibenden“ Kreisbewegungen. Er malte nicht, er „kleckste“, seine Hand berührte nicht das Tuch. Max Ernst meinte, er habe das „dripping“ Pollock 1945 gezeigt, doch der Maler Hans Hofmann soll es in New York schon 1940 benutzt haben. „dripping“ bringt den Zufall in die Bildkunst, den John Cage gerade in die Musik eingeführt hat – als Teil eines Planes, einer Absicht, eines Konzeptes. Pollock folgt eher der „écriture automatique“ der französischen Surrealisten.

Er wünschte sich seine großen Breitformate in engen Räumen, sie sollten nicht von weitem als Tafelbilder an einer Wand, sondern als Wandbilder wirken. Oder besser: er plante nicht ein Bild zu malen, sondern der Prozess des Malens, in dem eine unbestimmte Fläche sich langsam mit Farbbewegungen füllt, in Bewegungen, die langsam einem Ende zuneigen auf einer Fläche, die langsam Grenzen annimmt – dieser Prozess würde in einem Bild enden. Das hatte es vor ihm nicht gegeben. Und wir bewundern den Mut seiner Freunde, die die Grenzüberschreitung akzeptierten, bewunderten und seine Bilder bekannt und ihn berühmt machten.

Diese Bilder folgen nicht herkömmlichen Kompositionsgesetzen. Das pendelnde Schwenken der Farbdose bestimmt Bewegungen und Richtungen in ihnen, die eher zum Schreiben als zum Malen gehören wie in Graffiti, Manuskripten und Palimpsesten. Die Augen des Betrachters geraten vor solchen Bildern in kreisende Bewegungen und folgen der „Handschrift“ des „schreibenden“ Autors. Sie werden zu Augen eines Grafologen, die den lebendigen Reichtum, den diese Bilder entfalten, in ein Bewusstsein von dramatischer Sprengkraft zurückverfolgen.

Abb. Jackson Pollock „Number 14: Gray“ 1948 Lackfarbe auf Kreidegrund Yale University New Haven USA

 

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