K U N S T A B C
1973 -77 habe ich unter diesem Titel 173 Texte in der Aachener Volkszeitung publiziert. Den einen oder anderen redigiere ich jetzt, um auf mich und eine andere Epoche der Kunst- und Weltgeschichte zurückzuschauen.
Kunsdt ABC AVZ 5.10.1974
O F F S E T – L I T H O G R A F I E
Der Offsetdruck, den die Industrie um 1900 aus der Lithografie entwickelt hat, ist wie der Siebdruck ein Flachdruckverfahren, das unbegrenzte Auflagen erlaubt, weil die Druckplatte und der Druckträger sich nur durch ein Gummituch berühren. Den langsamen Handbetrieb der Lithgrafenwerkstatt ersetzt eine Maschine, in der drei Walzen rotieren: die Zinkrolle des Druckstocks, die Gummiwalze und die Papierrolle. Die Maschine druckt vielfarbig mit 4 Druckstöcken – gelb, blau, rot und schwarz – und erreicht durch den indirekten Farbtransport über die Gummiwalze nuancierte Ergebnisse.
Um einen Offsetdruck herzustellen, könnte ein Künstler die Druckplatte selbst gestalten, würde er nicht die konventionelle Druckvorlage, einen Film, benutzen, der fotomechanisch auf die Zinkplatte übertragen wird. Zwischen ihm und dem Produkt stehen der Film, die Druckplatte und das Gummituch. Sie verändern die künstlerische Information so stark, dass Grafiksammler den Offsetdruck geringschätzen. Künstler dagegen betonen seinen demokratischen Wert: die Stücke der hohen Auflage sind preiswert und erreichen ein größeres Publikum. Der Handel nennt die Drucke gern nobilitierend Offsetlithografien und unterscheidet die, deren Film der Künstler selbst bearbeitet hat, von denen, die nur einen seiner Entwürfe reproduzieren. Der Unterschied ist kaum sichtbar. Kurzum: die Maschine ist elektronisch so in sich geschlossen, dass sie Eingriffe kaum zulässt. Sie bietet das autonomste aller Druckverfahren und interessiert darum den Künstler, der weniger den genießerischen Grafik-Connaisseur als alle die anzusprechen sucht, die eine soziale Botschaft erwarten.
Abb. Tim Ullrichs Ich als Kunstfigur DIN A 1 Werkstatt Druck 27. Mai 1969