Beckeraachen

Kunstwechsel

COBRA

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K U N S T   A B C

1973 -77 habe ich unter diesem Titel 173 Texte in der Aachener Volkszeitung publiziert. Den einen oder anderen redigiere ich jetzt, um auf mich und eine andere Epoche der Kunst- und Weltgeschichte zurückzuschauen.

Kunst ABC   AVZ   29.3.1975

C O B R A

1949 gab der Schriftsteller Christian Dotremont in Brüssel die 1. von 6 Nummern der Zeitschrift COBRA heraus, die über neue Initiativen in Literatur und Bildender Kunst in CO Kopenhagen, BR Brüssel und A Amsterdam informierte. Die dänischen Expressionisten um die Zeitschrift Ho/st Ejer Bille, Egill Jacobsen und Richard Mortensen hatten sich schon in den 30er Jahren profiliert. Sie schöpften aus Themen der nordischen Mythologien und archäologischer Funde. Die holländische Gruppe, geführt von Constant Nieuwenhuys und Karel Appel, traf sich in der Zeitschrift „Reflex“, und „Surréalistes révoluitionnaires“ nannten die Belgier Dotremont und Joseph Noiret ihre Zeitschrift. Sie gründeten am 8.11.1948 im Pariser Café Notre-Dame mit Asger Jorn (CO), Corneille und Pierre Alechinsky (BR) und Appel und Constant (A) COBRA, nach dem 2. Weltkrieg die 1. Protestgruppe gegen die Vorherrschaft der „Ecole de Paris“ und gegen den politischen „kommunistischen“ Surrealismus des André Breton – für die Freiheit der Kunst. Dotremont war Generalsekretär und Chefredakteur der Zeitschrift in Brüssel, und Alechinsky verwaltete dort in den „Ateliers du Marais“ das COPBRA-Haus bis zum Ende im November 1961. Sie studierten die Kunst der Kinder und der „Primitiven“, folgten einem „natürlichen Drang zum Ausdruck“, strebten nach einer „allumfassenden Volkskunst“ und gingen in Manifesten der fluxus-Bewegung voraus: Kunst ist Leben, Leben ist Kunst.

COBRA ist nicht zuerst abstrakte, sondern gestische Kunst. COBRA-Maler beklecksen, bewerfen, bespritzen und bepinseln ihre Leinwände spontan, sie häufen die Farben, sie malen schnell. Appel hat alle Bilder einer Ausstellung in der Nacht vor ihrer Eröffnung hergestellt. Sie bauen nicht ihre Bilder, sondern „schreiben“ sie, der „écriture automatique“ der Surrealisten folgend, und ihre Materialorgien führen sie zuweilen zu Darstellungen von Ungeheuern, die sie nordischen Mythen zuordnen. Die meisten COBRA-Bilder haben einen wild-schwerfälligen Ausdruck, der eher zu Emil Nolde und Edward Munch als zu Mirò und Kandinsky zurückführt. Ihre 1. große Gemeinschaftsausstellung zeigte das Amsterdamer Stedelijk Museum 1949 mit Werken aus 10 Ländern, inszenierten Räumen und Environments, Manifesten und Gedichten – und einem politisch-ästhetischen Skandal nach der Eröffnung. Eine 2. große Gruppenausstellung gelang Alechinsky in Lüttich 1951 mit COBRA-Außenseitern wie Mirò, Giacometti, Wifredo Lam und Raoul Ubac.

Ein dionysisch-orgiastisches Element unterscheidet COBRA von der Ecole de Paris. Der Gestus des Malens steht als Bildausdruck im Vordergrund – wie bei dem „holländischen“ New Yorker Willem de Kooning, der wie die meisten COBRA-Künstler zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit schwankte, aber – anders als Jackson Pollock – am Tafelbild festhielt. Vor allem die Dänen schufen einen schrullig nordischen Parnass, aber allen blieb gemeinsam der kraftvolle, materialgeladene Gestus. Er ist sprichwörtlich geworden.

Abb. Karel Appel People, Birds and Sun 1954

 

 

 

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