Beckeraachen

Kunstwechsel

pop art

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K U N S T   A B C

1973 -77 habe ich unter diesem Titel 173 Texte in der Aachener Volkszeitung publiziert. Den einen oder anderen redigiere ich jetzt, um auf mich und eine andere Epoche der Kunst- und Weltgeschichte zurückzuschauen.

Kunst ABC   AVZ   1975

P O P   A R T

Pop art ist nicht popular art = volkstümliche Kunst oder gar Volkskunst. POP ist wie PLATSCH, als Zeitwort meint es Aufplatzen, Hervorschießen. Pop heißt Schick, Fantastisch, Fabelhaft, Pop ist teenage-, Werbeagentur-Jargon, Comic-Strip-Bubble. Pop ist kein Wort feiner Literatur, und Pop Art ist keine „hohe“ Kunst. Hohe Kunst wird in Akademien und Universitäten gelehrt. Pop-Art-Künstler missachten Akademien. Sie studieren nicht Meisterwerke ihrer Väter in den Museen, sondern die „Rosa Presse“, Massenillustrierte, Comics, stellen am TV den Ton ab und hören im Radio die Hitparaden. Sie wollen „dem Volk aufs Maul schauen“, machen einen großen Bogen um Kunstkenner und -liebhaber. Es zieht sie in die Madison Avenues aller Großstädte, in denen die „hidden persuaders“, die Werbeagenturen nisten. Sie versuchen, sie zu unterlaufen, zu durchleuchten, ihre Geheimnisse sichtbar machen. Werbemanager und Industrielle waren die ersten, die ihre Werke gekauft haben.

Ihr Thema ist weder Kunst noch Mensch noch Gesellschaft, sondern Kunst, Mensch und Gesellschaft in den Massenmedien: die Banalisierung von Kunst als demokratisches Bildungsgut ( Botschaft eines depravierten Kapitalismus: es bedarf keiner Bildung, um Kunst schön zu finden), die Banalisierung des Menschen in einem funktionalen staatlichen Organismus (er ist schön und jung, so lange er funktioniert) und die Banalisierung der Gesellschaft ( Jeder kann reich werden).

Die Künstler der Pop Art arbeiten nicht in Akademien, sondern in Werbeagenturen, entwerfen Damenschuhe (Andy Warhol), malen Werbebotschaften auf Häuserwände (James Rosenquist), arbeiten als Schriftsetzer und Lay-Outer (Wolf Vostell). Man spricht von ihnen; das bürgerliche Kultur- und Bildungsbürgertum, das sich in den Exerzitien der „hohen“ abstrakten Kunst nicht mehr wiederfindet, hat sie entdeckt: das schlafaustreibende ANTI, GEGEN, das Salz in der Suppe, POP: die braunen Einkaufstüten mit ihren Markierungen (Brathuhn von Lichtenstein, Tomatensuppendose von Warhol – 45 DM im Kölner Kunstmarkt 1968) und andere Objekte in unbegrenzter Auflage – MULTIPLES, Offset-Drucke statt Lithografien, zuweilen signiert, meistens gestempelt, Nachdrucke wurden populär: Warhols „Konsumententapete“ in jedes moderne Wohnzimmer. Der traditionelle Kunstmarkt wankte unter dem gewaltigen Warenangebot, fing es auf und übernahm Vertriebsstrategien der Warenwirtschaft.

Es war gewaltig. Es ist vorbei. Die New Yorker Pop Art hat sich in einer Übergangsphase der fünfziger Jahre entwickelt, die Robert Rauschenberg und Jasper Johns bestimmt haben. Sie führten in gegenstandslose Bilder nicht nur Zeitungstexte und -fotos als Collagen ein, sondern montierten auf Leinwänden und Rahmen Abfallprodukte, Zivilisationsmüll und schufen in abstrakten Kompositionen neue Sinnzusammenhänge. James Rosenquist folgte noch abstrakten Kompositionsformen, folgte dann aber ebenso den Gesetzen der Medien. Erst Lichtenstein und Warhol setzten Zeitungsfotos und Comics direkt ins Bild. Die Komposition der Vorlagen vereinfachten, paraphrasierten und vergrößerten sie und gaben ihnen so eine neue, sinnbildliche Bedeutung. Marilyn Monroe wurde durch Warhol die neue Mona Lisa.

Pop Art befruchtete nicht nur die internationale Kunst selbst, sondern auch ihre Verbreitung und öffentliche Wirkung. Zahlreiche Museen öffneten sich einem größeren Publikum, Ausstellungen zeitgenössischer Kunst häuften sich. Die Werbeindustrie bediente sich mit Vergnügen ihrer Bildfindungen. Der KUNST wird es nicht mehr gelingen, sich in Schatzhäuserzurückzuziehen, die sie behütet haben.

Abb. James Rosenquist Joan Crawford says…1964 Köln Museum Ludwig

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