Zu der Ausstellung „Die Erfindung der Neuen Wilden“ im Ludwig Forum für internationale Kunst in Aachen 2018
FIGURATION LIBRE
In dem Fischerdorf Sète am Mittelmeer besuchte ich 1984 die Künstlerfamilie di Rosa, die eifrig am jungen Ruhm des Hervé mitarbeitete. Sie hatten sogar einen Laden in Paris eröffnet, um die zahlreichen Arbeiten – Bilder, Zeichnungen, Möbel, Keramiken – anzubieten. Ich hüte heute noch einige Teller. Sie traten mit Robert Combas und Francois Boisrond als FIGURATION LIBRE auf und hoben sich von ihren Zeitgenossen durch die hemmungslose Produktion von bunten, locker komponierten und schnell gemalten comic-Paraphrasen ab. Es schien leicht, den WILD STYLE der New Yorker Graffiti Writer hier wieder zu finden, wenngleich die Franzosen den engen Rahmen der Kunst nie überschritten und von den Pariser Galerien gern aufgenommen wurden. Immerhin brachten sie in der Breite ihrer Produktion und ihrer Angebote eine freche Gleichgültigkeit und Liebe zu Kaufhäusern mit, die ihre Kunst an den Rand der Subkultur transportierte. So gelangten ihre Bilder auch in jenen Bereich der Sammlung Ludwig, der die „Neuen Wilden“ in der Neuen Galerie sichtbar machte. Sollte das Haus eine ständige documenta sein, so gehörten sie dazu. Im Sammlungskatalog „Kunst heute in Frankreich. Sammlung Ludwig Aachen“ 1987 ergänzen sie Jean Michel Alberola, Jean Charles Blais, Hélène Delprat, Gérard Garouste, Pierre Nivollet, ihren Großvater Jean Dubuffet und die Bilder der Gruppe SUPPORTS SURFACES.
In den ersten fünf Jahren der 80er nahmen sie teil am HYPE aller Kunsthändler und – sammler, die der „Hunger nach Bildern“ umtrieb. Nach den enormen Preissteigerungen der pop art und des Hyperrealismus waren ihre Werke preiswert. Wenige haben den HYPE erfolgreich überlebt.
Abb. Robert Combas „Feuerschlucker“ 1981