Zu der Ausstellung „Die Erfindung der Neuen Wilden“ im Ludwig Forum 2018
WILD STYLE
Um 1970 begannen Jugendliche aus dem „Ghetto“ der Bronx mit Spray Guns TAGS, erfundene Signaturen in exotischen Schriften, auf die Wagons der New Yorker U-Bahn zu schreiben – ein Prinz, der in einer Nacht im Depot einen Wagen, ein König, der einen Zug schaffte. 1974 zeigte mir der New Yorker Künstler Gordon Matta-Clark eine 20 m lange Photoglyphe eines bemalten Subway-Zuges. Das war die erste Graffitii-Ausstellung der Neuen Galerie: „Die bemalte Untergrundbahn“. 1978 entdeckten die Aachener die ersten Wandbilder von Josef Paier und Josef Stöhr: „Irrenhaus“, „Angst“, Es herrscht immer Krieg in den Fabriken“. 1984 erwarb ich für die Neue Galerie 100 ihrer Fotos nach den Wandbildern und stellte sie aus. Und wir zeigten dem Publikum den Film „Wild Style“ von Charles Ahearn, der 1983 der New Yorker Graffitii-, Hip-Hop- und Rapper-Szene ein Denkmal geschaffen hatte.
Die Grafitti-Writer, verfolgt von den Ordnungskräften, schafften den Sprung in den Kunstmarlt. Peter Ludwig kaufte die Bilder von CRASH, DAZE, FUTURA 2000, LADY PINK, NOC 167, LEE Quinones („Voice oft he Ghetto“) in der respektablen Galerie von Sidney Janis, und im gleichen Jahr hingen sie neben Werken von Jean-Michel Basquiat, Jonathan Borofsky und Julian Schnabel und wanderten von Aachen nach Dänemark und Norwegen.
Nirgendwo ist deutlicher demonstriert worden, dass die Subkultur, die junge Maler, Musiker, Tänzer, Dichter, Schauspieler schaffen, schnell in eine ermüdete Kulturszene eindringen, sie beleben und von ihr integriert werden kann. Die Spray Gun ersetzte den Pinsel in einer globalen Street Art, die die Wände der Straße dem Museum vorzog. Der Protest gegen eine hässliche Welt wurde verstanden, uferte aus und versandete. Die New Yorker Subway wurde gereinigt, die Künstler wurden zum Militärdienst eingezogen.