Zum Hambacher Forst
Bildwelten
Anselm Kiefer „Humbaba“ 2009
Er heißt Kiefer wie ein Baum und kommt aus dem Odenwald. Der Wald ist die Heimat dieser Künstlerfantasie. Die Varus-Schlacht im Teutoburger Wald hat ihmr schon früh dazu gedient, eine dunkle Waldlandschaft zu malen, eine blutbefleckte, in die Tiefe führende Schneise, gefüllt mit hinein geschriebenen Botschaften und Worten: Varus, Hermann (der Cherusker), Thusnelda (seine Frau), Stefan (George), Martin (Heidegger), Schlieffen (Generalfeldmarschall Alfred von Schlieffen, Schlieffen-Plan 1905, 2-Fronten-Krieg 1914). Die Worte geben dem Landschaftsbild eine breite und tiefe Resonanz.
Der Titel „Humbaba“ klingt musikalisch, meint aber auch einen Helden, und keine Figur der uralten Geschichte passt besser zum Schicksal des Hambacher Forstes als er, der mächtige Hüter des libanesischen Zedernwaldes im Gilgamesch-Epos aus dem 2. Jahrtausend v. Chr.
Gilgamesch, Herrscher in Uruk, und sein Diener Enkidu brauchen das kostbare Holz, um dem Gott Enlil ein Tor für seinen Tempel zu bauen. Enkidu weiß: „Wir machen den Wald zur Einöde“. Sie müssen Humbaba töten. Humbaba hört, wie Gilgamesch und seine Truppe Bäume zu fällen beginnen, und schickt sie mit einem seiner 7 Schreckensstrahlen in tiefen Schlaf. Erwacht überlistet Gilgamesch, Humbaba mit Geschenken und Versprechungen und fesselt ihn. Enkidu schlägt ihm den Kopf ab. In Urduk zürnt der Gott Enlil, weil der Waldhüter unter seinem Schutz stand. Er befiehlt, die 7 Schreckensstrahle Humbabas zu verteilen – an das Feld, den Fluss, das Schilfmeer, den Löwen, den Palast, den Wald und die Göttin Nungal.
Zeitenwende: ein Wald soll nicht gerodet werden, weil sein Holz Begierden weckt, sondern sein Untergrund. Aber auch die Waldhüter dieses Waldes drohen den Eindringlingen zu unterliegen, die aus der Stadt kommen und für das Licht und die Wärme der Einwohner aufzukommen vorgeben.